Der Geruch von blühenden Linden lag heute Morgen in der Luft, als ich meine erste Tasse Kaffee auf der kleinen Terrasse vor meinem Bienenhaus in Harthausen genoss. Ein warmer Wind strich durch die Zweige, und das leise, aber unverkennbare Summen meiner neun Bienenvölker war schon früh zu hören. Es ist dieses Geräusch, das mich jeden Tag aufs Neue daran erinnert, welche Wunder hier im Kleinen geschehen und wie unglaublich wichtig diese kleinen Lebewesen für uns alle sind. Oft sitze ich einfach nur da, beobachte den regen Flugverkehr meiner Mädels und denke darüber nach, was wäre, wenn dieses Summen verstummen würde. Eine beängstigende Vorstellung, die mich immer wieder antreibt, mein Bestes für sie zu geben.
Das Summen der Harthausener Vielfalt – Ein Blick auf meine neun Völker
Es ist ein sonniger Frühsommermorgen hier in Ulm-Harthausen, und meine Bienen sind schon seit den ersten Sonnenstrahlen aktiv. Beim Blick auf die Fluglöcher meiner Völker sehe ich das bunte Treiben: Manche Bienen kehren mit prall gefüllten Pollenhöschen zurück – leuchtend orange, gelb, manchmal sogar tiefblau. Andere starten ihren Flug, schnurstracks hinaus in die umliegenden Gärten, zu den Streuobstwiesen entlang der Blau oder den Feldern, die sich sanft um unser schönes Harthausen legen. Es ist eine Symphonie des Fleißes, die mich jedes Mal aufs Neue fasziniert und auch ein wenig demütig macht.
Meine Beobachtungen: Von Apfelblüte bis Klee
Erst letzte Woche habe ich bei Volk Nummer 4, das zu meinen stärksten gehört, eine beeindruckende Aktivität festgestellt. Die Königin dieses Volkes ist eine echte Powerfrau, und ihre Nachkommen sind dementsprechend fleißig. Ich habe sie auf den letzten blühenden Apfelbäumen in meinem Garten beobachtet, wie sie von Blüte zu Blüte eilten. Wenige Tage zuvor waren es noch die Kirschbäume, deren süßen Nektar sie gesammelt haben. Diese direkte Verbindung zwischen dem Besuch meiner Bienen und den später reifenden Früchten ist für mich als Imker immer wieder das greifbarste Zeichen ihrer Bedeutung. Ohne ihre Bestäubungsleistung gäbe es hier in Harthausen deutlich weniger knackige Äpfel, saftige Birnen oder süße Kirschen. Und das gilt nicht nur für meinen Garten, sondern für die gesamte Region, ja, die ganze Welt.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meinem Nachbarn, der sich über die Rekordernte seiner Himbeeren gefreut hat. Er wusste, dass meine Bienen daran einen großen Anteil hatten, und das macht mich stolz. Es ist diese unsichtbare Arbeit, die so oft übersehen wird, die aber die Grundlage für so vieles ist, was wir als selbstverständlich ansehen.
Fachlicher Hintergrund: Die Bestäubung als Lebensader
Was ich in meinem kleinen Harthausener Mikrokosmos beobachte, ist nur ein kleiner Teil eines gigantischen ökologischen Prozesses. Bienen, insbesondere Honigbienen, sind die Hauptbestäuber für einen Großteil unserer Kultur- und Wildpflanzen. Man schätzt, dass etwa 75 Prozent der weltweit führenden Nutzpflanzen und bis zu 80 Prozent der Wildpflanzen auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen sind. Das bedeutet: Ohne Bienen gäbe es deutlich weniger Obst, Gemüse, Nüsse und Samen. Denkt nur an Kaffee, Kakao, Mandeln oder Beeren – viele dieser Produkte gäbe es in unserer heutigen Form nicht ohne die Bestäubungsleistung.
Aber es geht nicht nur um unseren Esstisch. Auch die natürliche Pflanzenwelt, die Lebensgrundlage für unzählige andere Tierarten ist, hängt von ihnen ab. Die Wildblumen auf den Wiesen, die Bäume in den Wäldern – sie alle brauchen Bestäuber, um sich fortzupflanzen. Bienen sind somit Architekten der Biodiversität und unverzichtbare Zahnräder im komplexen Getriebe der Natur.
Tipps und Hinweise: Was jeder tun kann
Als Imker ist es meine tägliche Aufgabe, meine Völker stark und gesund zu halten. Dazu gehört die Varroabehandlung, eine gute Winterfütterung und die ständige Beobachtung ihrer Gesundheit. Aber auch jeder von euch, ob Imker oder nicht, kann einen Beitrag leisten:
- Pflanzt bienenfreundliche Pflanzen: Schafft in eurem Garten, auf dem Balkon oder sogar auf der Fensterbank ein kleines Paradies für Bienen. Lavendel, Phacelia, Sonnenblumen, Krokusse, Salbei – die Auswahl ist riesig und bietet vom Frühjahr bis in den Herbst Nahrung. Achtet dabei auf heimische Pflanzen, die an unser Klima in Baden-Württemberg angepasst sind.
- Lasst Ecken wild: Muss jeder Grashalm im Garten millimetergenau getrimmt sein? Eine kleine Ecke mit Wildkräutern oder ungemähtem Gras bietet nicht nur Nahrung, sondern auch Unterschlupf für Bienen und andere Insekten.
- Vorsicht mit Spritzmitteln: Chemische Pestizide sind Gift für Bienen. Verzichtet, wo immer es geht, auf ihren Einsatz und greift auf biologische Alternativen zurück. Besonders in Wohngebieten wie Harthausen ist das von großer Bedeutung.
Mehr als nur Honig – Die Ökonomie und Ökologie des Fleißes
Wenn ich im Spätsommer den goldenen Honig aus meinen Waben schleudere, erfüllt mich das jedes Mal mit Stolz und Freude. Es ist der süße Lohn für die harte Arbeit der Bienen und meine eigene Fürsorge. Doch ich weiß genau: Der Honig ist im Grunde nur ein Nebenprodukt ihrer weitaus wichtigeren Arbeit. Jedes Glas Honig aus Harthausen ist ein flüssiger Beweis ihrer unermüdlichen Arbeit, aber auch ein Symbol für all das Unsichtbare, das sie leisten.
Die Wirtschaftliche Dimension: Milliardenwerte durch Bestäubung
Die wirtschaftliche Bedeutung der Bienen ist immens und wird oft unterschätzt. Weltweit wird der Wert der Bestäubungsleistung durch Bienen auf Milliarden von Euro geschätzt. In Deutschland liegt dieser Wert bei mehreren Milliarden Euro pro Jahr. Das ist kein kleiner Posten! Landwirtschaftliche Betriebe, die auf bestäubungsabhängige Kulturen setzen, sind direkt von der Gesundheit und der Anzahl der Bienen abhängig. Wenn die Bienen fehlen, sinken die Erträge drastisch oder bleiben ganz aus. Das würde nicht nur unsere Supermarktregale leeren, sondern auch tausende Existenzen gefährden.
Ich denke dabei an die großen Rapsfelder, die ich von meinem Bienenstand aus sehen kann. Der Raps ist eine wichtige Trachtquelle für meine Bienen, und im Gegenzug tragen meine Bienen maßgeblich zum Ertrag der Bauern bei. Es ist eine Win-Win-Situation, die wir schützen müssen.
Bienen als Bio-Indikatoren: Der Puls unserer Umwelt
Für mich sind meine neun Völker wie kleine Wetterstationen und Umweltbarometer. Die Gesundheit und das Verhalten meiner Bienen geben mir wertvolle Hinweise auf den Zustand der umliegenden Natur hier in Harthausen. Wenn sie sich nicht gut entwickeln, wenn ich ungewöhnliche Verluste feststelle oder wenn bestimmte Pflanzen nicht besucht werden, ist das ein Warnsignal. Bienen reagieren sehr empfindlich auf Umweltveränderungen wie Pestizideinsatz, Lebensraumverlust oder Klimaveränderungen. Sie sind sozusagen die Kanarienvögel im Bergwerk unserer Ökosysteme.
Ich erinnere mich an einen Frühling, in dem die Forsythien viel zu früh blühten und dann ein später Frost alles zunichtemachte. Meine Bienen hatten kaum Nahrung, und ich musste eingreifen und zufüttern. Solche Beobachtungen zeigen mir, wie eng alles miteinander verbunden ist und wie schnell sich ein Ungleichgewicht auswirken kann.
Tipps und Hinweise: Lokales Handeln, globale Wirkung
Auch hier gibt es wieder Möglichkeiten für jeden von uns, aktiv zu werden:
- Kauft regionalen Honig: Damit unterstützt ihr nicht nur lokale Imker wie mich, sondern fördert auch die Bienenhaltung in eurer Umgebung. Jeder Kauf ist ein Votum für die Bienen und eine nachhaltige Landwirtschaft.
- Stellt Wasserstellen bereit: Besonders in heißen Sommern brauchen Bienen Wasser zum Kühlen des Stocks und zur Verdauung. Eine flache Schale mit Steinen oder Murmeln als Landehilfe ist schon eine große Hilfe.
- Engagiert euch: Informiert euch über lokale Initiativen zum Bienenschutz in Ulm und Umgebung. Sprecht mit euren Freunden, Nachbarn und der Familie über die Bedeutung der Bienen.
Herausforderungen und unsere gemeinsame Verantwortung
So sehr ich die Arbeit mit meinen Bienen liebe, so gibt es doch auch Momente der Sorge. Die Bedrohungen für die Bienen sind vielfältig und real. Als Imker in Harthausen sehe ich das immer wieder, wenn ich meine Völker kontrolliere.
Die Schattenseiten: Varroa, Pestizide und Lebensraumverlust
Die Varroamilbe ist unser ständiger Feind. Sie schwächt die Völker und kann sie ohne mein Eingreifen innerhalb kurzer Zeit vernichten. Es ist ein Balanceakt zwischen effektiver Behandlung und dem Stress, den jede Behandlung für die Bienen bedeutet. Ich habe schon Völker verloren, trotz all meiner Mühe, und das tut jedes Mal weh, denn es sind meine Schützlinge, meine kleinen Bewohner von Harthausen.
Aber auch der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, der Verlust von blühenden Wiesen durch Monokulturen und die zunehmende Bebauung sind massive Probleme. Die Bienen finden einfach nicht mehr genug Nahrung, und das schwächt sie zusätzlich, macht sie anfälliger für Krankheiten. Der Klimawandel mit seinen unberechenbaren Wetterereignissen – zu warme Winter, späte Fröste, lange Trockenperioden – tut sein Übriges. All diese Faktoren zusammen setzen unseren Bienen und somit auch uns massiv zu.
Unsere gemeinsame Aufgabe: Ein Zukunftsprojekt
Die gute Nachricht ist: Wir können etwas tun! Es ist keine hoffnungslose Situation, sondern eine, die unsere gemeinsame Anstrengung erfordert. Jeder Schritt, sei er noch so klein, zählt.
- Bildung und Bewusstsein: Je mehr Menschen über die Bedeutung der Bienen wissen, desto größer ist die Chance, dass sich etwas ändert. Sprecht darüber, teilt Informationen, macht aufmerksam.
- Politische Entscheidungen: Unterstützt Initiativen, die sich für bienenfreundliche Gesetze einsetzen, sei es auf kommunaler Ebene hier in Ulm oder auf Landes- und Bundesebene.
- Nachhaltigkeit im Alltag: Überdenkt euren Konsum. Kauft Produkte aus ökologischem Anbau, die ohne schädliche Pestizide produziert wurden.
Fazit: Lasst uns gemeinsam für unsere Bienen summen!
Wenn ich am Abend vor meinem Bienenhaus sitze und das Summen langsam leiser wird, bis nur noch das leise Atmen der Natur zu hören ist, dann bin ich dankbar. Dankbar für diese kleinen, fleißigen Geschöpfe, die unsere Welt so viel reicher, bunter und lebenswerter machen. Meine neun Bienenvölker hier in Ulm-Harthausen sind mehr als nur Honiglieferanten. Sie sind meine Lehrerinnen, meine Seismographen für die Umwelt und ein ständiger Quell der Freude und Faszination.
Die Bienen sind unverzichtbar. Sie sind die stillen Heldinnen unserer Ökosysteme, die unermüdlich für uns und die Natur arbeiten. Ihre Bedeutung geht weit über den süßen Honig hinaus. Sie sind die Garanten für unsere Nahrung, für die Vielfalt unserer Pflanzenwelt und damit für die Grundlage unseres Lebens auf diesem Planeten. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, diese kleinen Wunder zu schützen und ihnen eine Zukunft zu sichern.
Lasst uns also alle gemeinsam – ob Imker oder Gartenfreund, ob in der Stadt oder auf dem Land – unseren Teil dazu beitragen, dass das Summen der Bienen niemals verstummt. Pflanzt eine Blume, meidet Pestizide, kauft lokalen Honig und sprecht über die Bienen. Jede einzelne Geste zählt. Helft den Bienen – helft uns allen!
Herzliche Grüße aus dem summenden Harthausen,
Euer Imker-Blogger




