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Liebe Imkerinnen und Imker, liebe Bienenfreunde,
Der Juni zeigt sich hier in Harthausen von seiner schönsten Seite. Die Sonne lacht vom Himmel, die Tage sind lang und die Luft ist erfüllt vom Summen meiner neun Bienenvölker. Es ist eine besondere Zeit im Imkerjahr, eine Zeit, die gleichzeitig von intensiver Arbeit, großer Freude und manchmal auch einer gehörigen Portion Anspannung geprägt ist. Die Schwarmzeit geht langsam in ihre letzte Phase über, und gleichzeitig durften wir bereits die ersten süßen Früchte unserer Arbeit ernten. Der Duft von Honig und Wachs liegt in meinem kleinen Bienenhaus, vermischt mit dem warmen, erdigen Geruch des Waldes, der unsere Gärten hier in Ulm-Harthausen umgibt. Es ist ein Duft, der mich jedes Mal tief durchatmen lässt und mir bestätigt: Das ist es. Das ist mein Glück.
In den letzten Wochen war ich fast täglich an meinen Völkern. Der Blick in die Kisten ist immer wieder ein Abenteuer, ein Blick in eine Welt, die so komplex und faszinierend ist. Manchmal finde ich genau das, was ich erwarte, manchmal werde ich komplett überrascht. Und genau diese Überraschungen halten mich wach und lehren mich Demut vor der Natur.
Der Tanz mit dem Schwarmtrieb – Beobachtungen aus Harthausen
Meine persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen
Die Schwarmzeit ist für mich jedes Jahr eine Gratwanderung. Meine neun Völker haben in den letzten Wochen gezeigt, was für eine immense Lebenskraft in ihnen steckt. Besonders Volk Nummer 5, mein stärkstes im letzten Jahr, hatte es dieses Frühjahr wieder eilig. Trotz reichlich Platz, den ich ihnen durch zusätzliche Zargen frühzeitig gegeben hatte, sah ich vor drei Wochen erste Anzeichen eines bevorstehenden Schwarmes. Die Bienen hingen in großen Bärten vor dem Flugloch, und bei der nächsten Kontrolle – natürlich keine sieben Tage später, denn der Alltag als Imker lässt sich nicht immer exakt nach Kalender planen, sondern nach Gefühl und Witterung – fand ich sie: pralle, offene Weiselzellen am unteren Rand der Brutwaben. Mein Herz machte einen kleinen Sprung, denn das bedeutete Handlungsbedarf, und zwar sofort.
Ich erinnere mich noch gut an den Tag. Es war ein warmer Dienstagabend. Die Spätsonne tauchte den Bienenstand in ein goldenes Licht. Ich nahm mir viel Zeit, inspizierte jede Wabe genau. Die Königin war jung und vital, das Brutbild tadellos – kein Wunder also, dass dieses Volk so explodierte. Für mich ist es immer wieder erstaunlich zu sehen, wie die Natur nach Expansion drängt, sobald die Bedingungen stimmen. Ich traf die Entscheidung für einen frühen Flugling: Die alte Königin mit einigen jungen Bienen und verdeckelter Brut in eine neue Beute an einem anderen Standort, weit genug weg vom Hauptvolk, um die Flugbienen nicht zu verwirren. Das alte Volk bekam eine junge Weiselzelle aus einem meiner Zuchtvölker und ausreichend Platz. Eine anstrengende, aber auch zutiefst befriedigende Arbeit. Es ist dieses Gefühl, aktiv in den Kreislauf einzugreifen, zu lenken, zu steuern, ohne die Natur zu überfordern, das mich an der Imkerei so fesselt.
Nicht alle Völker waren so „schwarmfreudig“. Mein Volk Nummer 2, das im letzten Herbst etwas schwächer in den Winter gegangen war, hat sich hervorragend entwickelt, aber bisher keine Anzeichen eines Schwarmtriebs gezeigt. Hier scheint die Balance zwischen Bienenmasse, Brut und Honigvorrat noch zu stimmen. Es ist faszinierend zu sehen, wie individuell jedes Volk ist, wie unterschiedlich sie auf die gleichen äußeren Bedingungen reagieren.
Der fachliche Hintergrund: Warum Bienen schwärmen und die Kunst der Vorbeugung
Der Schwarm ist die natürliche Form der Vermehrung eines Bienenvolkes. Wenn ein Volk stark genug ist, der Brutraum voll und die Königin produktiv, entsteht ein Gefühl des „Engpasses“. Die Bienen beginnen dann, Weiselzellen zu bauen. Die alte Königin wird auf Diät gesetzt, sodass sie leichter wird und flugfähig bleibt. Etwa eine Woche vor dem Schlupf der neuen Königin zieht dann die alte Königin mit einem Großteil der Flugbienen und einem Teil der jungen Bienen aus – der Vorschwarm. Das ist ein spektakuläres Naturschauspiel, aber für den Imker bedeutet es in der Regel einen Ertragsverlust und das Risiko, ein ganzes Volk zu verlieren, wenn der Schwarm nicht gefangen wird.
Imker haben verschiedene Strategien entwickelt, um den Schwarmtrieb zu kontrollieren oder zumindest zu lenken:
- Regelmäßige Brutraumkontrollen: Das A und O. Alle 7-9 Tage sollten die Brutwaben auf Weiselzellen geprüft werden. Findet man offene Weiselzellen, ist höchste Eisenbahn.
- Raumangebot: Genügend Platz im Brut- und Honigraum ist essenziell. Frühzeitiges Erweitern mit Leerwaben oder Mittelwänden kann den Schwarmtrieb mindern.
- Alte Königin austauschen: Eine alte Königin, die nicht mehr so viele Pheromone produziert, kann den Schwarmtrieb fördern. Alle zwei Jahre einen Königinnenwechsel durchzuführen, ist eine gute Praxis.
- Ablegerbildung: Durch das Abnehmen von Brutwaben mit Bienen und eventuell der alten Königin wird dem Muttervolk Bienenmasse entzogen und der Schwarmtrieb so gedrosselt. Das ist die Methode, die ich am liebsten anwende, da sie mir gleichzeitig neue Völker beschert.
Meine Tipps und Hinweise für andere Imker
Aus meinen Erfahrungen der letzten Jahre und insbesondere der letzten Wochen möchte ich euch ein paar Gedanken mit auf den Weg geben:
- Seid wachsam, aber nicht panisch: Eine Weiselzelle ist kein Weltuntergang, aber ein deutliches Signal. Nehmt euch die Zeit zur genauen Analyse. Ist es eine Spielzelle oder eine echte Schwarmzelle? Offen oder verdeckelt? Der Unterschied kann entscheidend sein.
- Vertraut euren Sinnen: Ich habe oft schon am Summen vor dem Flugloch oder am Verhalten der Bienen gemerkt, dass „etwas im Busch ist“, bevor ich überhaupt die Beute geöffnet habe. Ein lautes, unruhiges Summen kann auf Schwarmstimmung hindeuten.
- Platz, Platz, Platz: Unterschätzt niemals die Bedeutung von ausreichend Raum. Gerade bei den aktuellen Trachten können die Völker explosionsartig wachsen. Lieber eine Zarge zu früh als eine zu spät geben. Das gilt für den Brutraum wie für den Honigraum.
- Macht euch einen Plan: Bevor ihr in ein schwarmtriebiges Volk greift, überlegt euch, was ihr tun wollt. Wollt ihr einen Ableger machen? Einen Kunstschwarm bilden? Die Königin zeichnen oder tauschen? Ein klares Vorgehen hilft, Stress für euch und die Bienen zu vermeiden.
- Dokumentation ist Gold wert: Ich notiere mir bei jeder Kontrolle, was ich sehe und was ich mache. Das hilft mir im nächsten Jahr, die Entwicklung der Völker besser einzuschätzen und aus den Fehlern oder Erfolgen der Vergangenheit zu lernen.
Die süße Belohnung – Erste Honigernte in Ulm-Harthausen
Meine persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen
Nach den Anstrengungen des Schwarmmanagements kommt nun die Belohnung: die erste Honigernte! In den letzten Tagen war es so weit. Das Frühjahr war hier in Harthausen mit seinen Obstbaumblüten, dem Raps auf den Feldern rund um Ulm und den vielen Gärten unglaublich ergiebig. Als ich die ersten Honigräume meiner Völker anhob, war ich schlichtweg begeistert. Das Gewicht der Zargen sprach Bände, und der Blick auf die voll verdeckelten Waben war pure Freude. Das goldene Leuchten des Honigs unter dem Wachsdeckel ist für mich immer wieder ein magischer Moment.
Das Volk Nummer 7, das sich in diesem Jahr besonders fleißig gezeigt hatte und erstaunlicherweise überhaupt keinen Schwarmtrieb entwickelte, hatte seine beiden Honigräume fast komplett gefüllt und verdeckelt. Die Entnahme der Waben war eine klebrige, aber herrlich duftende Angelegenheit. Der Geruch von frischem Honig und warmem Bienenwachs erfüllte mein kleines Bienenhaus. Jede Wabe, die ich vorsichtig aus der Zarge hob, war ein kleines Kunstwerk, schwer und voller des süßen Golds, das die Bienen gesammelt hatten.
Die Arbeit an der Honigschleuder ist dann der krönende Abschluss. Das leise Summen der rotierenden Waben, der dicke Strom des Honigs, der in den Eimer fließt – das ist pure Meditation für mich. Ich habe noch nie zuvor einen so hellen und milden Frühjahrshonig gehabt. Er schmeckt nach dem Frühling in Harthausen, nach den ersten warmen Sonnenstrahlen, den Blüten unserer Apfelbäume und den Löwenzahnwiesen. Es ist ein Geschmack, der die Mühen vergessen lässt und mich mit tiefer Dankbarkeit erfüllt.
Der fachliche Hintergrund: Vom Nektar zum reifen Honig
Die Honigernte ist das Ergebnis eines komplexen Prozesses. Die Bienen sammeln Nektar von Blüten oder Honigtau von Blättern. Dieser zuckerhaltige Saft wird im Honigmagen transportiert und im Stock an andere Bienen übergeben. Dort wird er durch Enzyme angereichert, die den Zucker aufspalten. Gleichzeitig verdunsten die Bienen aktiv Wasser, indem sie den Nektar immer wieder weitergeben und durch Fächeln mit ihren Flügeln für Luftzirkulation sorgen. Erst wenn der Wassergehalt unter etwa 18% gesunken ist, gilt der Honig als reif und wird von den Bienen mit einem dünnen Wachsdeckel verschlossen. Dieser Vorgang ist entscheidend, denn nur reifer Honig ist haltbar und von bester Qualität.
Der Zeitpunkt der Honigernte ist entscheidend. Nur wenn ein Großteil der Waben verdeckelt ist (Faustregel: mindestens zwei Drittel), ist der Honig reif genug. Unreifer Honig kann gären, da er noch zu viel Wasser enthält. Die erste Ernte, oft als Frühjahrshonig bezeichnet, ist meist milder und heller, da die Bienen vor allem von Obstblüten, Raps und Löwenzahn gesammelt haben. Die spätere Sommerernte kann dunkler und kräftiger im Geschmack sein, je nachdem, welche Pflanzen wie Linde, Brombeere oder Waldtracht dominieren.
Meine Tipps für eine erfolgreiche Honigernte
- Auf die Reife achten: Erntet nur verdeckelten Honig! Wenn ihr unsicher seid, macht eine Stichprobe. Ein Schleudertest zeigt schnell, ob der Honig beim Drehen aus den Zellen spritzt (zu unreif) oder fest bleibt.
- Hygiene ist alles: Achtet bei der Ernte und Verarbeitung auf absolute Sauberkeit. Saubere Hände, saubere Geräte, saubere Räume. Der Honig nimmt schnell Gerüche an und soll ja ein reines Naturprodukt bleiben.
- Wetterkapriolen im Blick haben: An schwülen Tagen kann der Wassergehalt im Honig höher sein. Ideal ist ein trockener, warmer Tag zur Ernte.
- Schleuderraum vorbereiten: Stellt sicher, dass euer Schleuderraum bienenfrei ist. Der Geruch von Honig kann schnell zur Räuberei führen.
- Ruhe bewahren: Die Honigernte kann eine große logistische Herausforderung sein, besonders wenn man viele Völker hat. Plant genug Zeit ein und arbeitet ruhig und besonnen, um Stress für euch und die Bienen zu minimieren.
Ein süßer Ausblick
Die ersten Wochen des Junis waren intensiv, lehrreich und voller wunderbarer Momente. Das Management des Schwarmtriebs und die Freude über die erste Honigernte sind zwei Seiten derselben Medaille – sie zeigen die Vitalität meiner Völker und die enge Verbundenheit mit den Rhythmen der Natur hier in Ulm-Harthausen. Es ist ein ständiges Lernen, ein Beobachten und Reagieren, und genau das macht die Imkerei so erfüllend.
Ich blicke nun gespannt auf die Sommertracht und die Herausforderungen, die sie mit sich bringen wird. Die Varroabehandlung nach der Ernte steht an, und auch die Vorbereitung der Völker für den Spätsommer und Herbst will gut geplant sein. Doch für den Moment genieße ich den Duft des frisch geschleuderten Honigs und das Wissen, dass meine Bienen und ich gemeinsam Großes geleistet haben.
Bleibt neugierig, achtet auf eure Völker und lasst euch von der Faszination dieser kleinen Geschöpfe immer wieder aufs Neue begeistern! Und vergesst nicht, den Bienen für ihre unermüdliche Arbeit zu danken, sei es mit einem freundlichen Summen oder einfach einem stillen Moment am Flugloch.
Herzliche Grüße aus Harthausen,
Euer Imker-Blogger




